Mit seiner Fläche von etwas mehr als 10.227 Quadratkilometern ist der Yasuní-Nationalpark Ecuadors größter Nationalpark. Auf Spanisch wird er Parque Nacional Yasuní genannt. Von der Hauptstadt Quito ist dieses Schutzgebiet etwa 250 Kilometer entfernt und es erstreckt sich zwischen dem Río Napo und dem Curaray. Durch den Nationalpark fließt der Fluss, der bei der Namensgebung Pate stand: der Río Yasuní. Er ist ein Nebenfluss des Napo, der seinerseits mehrere hundert Kilometer weiter flussabwärts in den Amazonas mündet. Das Ökosystem, in dem sich der Yasuní-Nationalpark befindet, entspricht dem des Amazonasregenwaldes. Wegen dieser starken Ähnlichkeit wird die Region im östlichen Landesteils von Ecuador als Amazonas bezeichnet. Der Nationalpark ist Teil des größeren von der UNESCO ausgerufenen „Yasuni Biosphere Reserve and National Park“, das neben dem Naturschutzgebiet auch ein Reservat umfasst, in dem Indigene leben: die Kichwa.

Für Naturliebhaber lohnt es sich, in den Yasuní-Nationalpark zu reisen, denn dort gibt es wegen des reichlich vorhandenen Wassers und des ganzjährig warmen Klimas mit Durchschnittstemperaturen von 24 – 27 °C eine sehr hohe Artenvielfalt. Fast auf der gesamten Fläche des Schutzgebiets steht dichter, teils unberührter Wald. Genau genommen handelt es sich um verschiedene Waldgemeinschaften. Manche Regionen des Nationalparks werden häufig oder immer von den Flüssen überschwemmt, dort liegt der Varzea- und Irapo-Wald. Außerdem gibt es Stellen, die nur hin und wieder überflutet werden, dort wächst der sogenannte Terra Firme-Wald. In diesen Waldtypen gedeihen unterschiedliche Pflanzen, die entweder darauf ausgelegt sind, mit ständiger Überflutung zurecht zu kommen oder die es nur tolerieren, gelegentlich im Wasser zu stehen.

Der Yasuní-Nationalpark gilt als ein Hotspot der Biodiversität. Bislang haben Wissenschaftler in dem Schutzgebiet über 2.200 Baum- und Straucharten gefunden und es sind mehr als 590 Vogelarten nachgewiesen worden. Außerdem leben dort über 80 Fledermausarten, rund 150 Amphibien- sowie circa 120 Reptilienarten, viele größere Säugetierspezies und sehr viele Insektenarten. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass sich in der dichten Vegetation noch Insektenspezies verbergen, die der Wissenschaft bislang nicht bekannt sind. Faszinierend sind außerdem die in dem Ökosystem heimischen Spinnentiere sowie andere Tiere, darunter an Land lebende Planarien (Scheibenwürmer) und etliche in den Gewässern beheimatete Fische. Zu letzteren gehören beispielsweise die berühmt-berüchtigten Piranhas und die riesigen Arapaimas, die durchschnittlich zwei Meter lang sind; besonders große Exemplare können sogar bis zu 4,5 Meter Länge erreichen.

Im Yasuní-Nationalpark gibt es einige Lodges, die Einblicke in diesen faszinierenden und artenreichen Lebensraum ermöglichen. Ich selbst habe während meiner Ecuador-Reise im Dezember 2017 im Napo Cultural Center und im Napo Wildlife Center gewohnt. Von der nahe gelegenen Sacha Lodge aus, in der ich ebenfalls einige Tage verbracht habe, sind ebenfalls Ausflüge in den Yasuní-Nationalpark möglich. Das für mich spektakulärste Erlebnis war, die Papageien-Lehmlecken am Río Napo zu besuchen.

 

 

 

Was mich sehr traurig stimmt, ist die Tatsache, dass der Nationalpark nicht sicher vor den Interessen der Ölindustrie ist. Obwohl es sich um ein Schutzgebiet von hohem Wert handelt, haben dort Probebohrungen nach Öl stattgefunden und nicht weit vom Schutzgebiet entfernt wird bereits Öl gefördert. Falls irgendwann entschieden werden sollte, den Nationalpark für das Fördern von Öl freizugeben, bedeutet das nichts Gutes. Um an das Öl zu gelangen, müssen Straßen gebaut werden, was wiederum bedeutet, dass Bäume gerodet werden. Das Erdöl selbst könnte den empfindlichen Lebensraum lokal verschmutzen und massiv schädigen, falls es in die Umwelt gelangt. Hinzu kommt, dass bei der Förderung des Rohstoffs auch Gase aus der Erde geholt werden, die durch Kamine aufsteigen und verbrannt werden. Wer in einer der Regenwaldlodges gesehen hat, wie viele Insekten nachts an künstliche Lichtquellen kommen, der kann sich in etwa ausmalen, wie viele Insekten Nacht für Nacht einen qualvolles und sinnloses Ende in den Feuern der Ölförderungsanlagen in der Nähe des Yasuní-Nationalparks finden.

Impressionen aus dem Schutzgebiet


Linktipps

Nationalpark Yasuní bei Wikipedia.de (deutsch)
Fotos aus dem Nationalpark Yasuni in Ecuador (deutsch)
Yasuni Biosphere Reserve and National Park – Beschreibung auf der Website der UNESCO (englisch)
Hereinspaziert. Aber Vorsicht! – Reportage über eine Reise in den Yasuní-Nationalpark in der ZEIT (deutsch)
Amazonas ohne Amazonas – Sehr viele Ameisen, keine einzige Anakonda – Reportage in der FAZ (deutsch)
Multimedia-Reportage über die Ölbohrung im Yasuní-Nationalpark (deutsch)
Ecuador: Neue Bohrungen zur Förderung von Erdöl im Yasuní-Nationalpark (deutsch)