Rund 370 verschiedene Arten aus der Klasse der Reptilien sind derzeit für Venezuela bekannt. Rund 120 davon sind in dem Land endemisch und kommen in freier Natur somit nur dort vor. Teils sind die Regionen, in denen diese Endemiten beheimatet sind, sehr klein. Andere Arten kommen hingegen in vielen Teilen Venezuelas vor. Ich konnte während meiner Reise eine Reihe von Reptilienarten beobachten, die ich in diese Kapitel vorstelle. Ganz unten auf dieser Seite finden sich außerdem einige Fotos von Reptilien, die ich bisher nicht bestimmen konnte.

Arrauschildkröte (South American River Turtle, Podocnemis expansa)

Arrauschildkröten gehören zur Familie der Podocnemididae und sie sind Wasserbewohner. Sie können sehr groß werden. Erwachsene Weibchen weisen häufig eine Panzerlänge von 60 bis 70 Zentimeter auf, es sollen sogar schon circa einen Meter lange Individuen beobachtet worden sein. Nicht nur hinsichtlich ihrer Körpergröße unterscheiden sich die Geschlechter, denn bei der Arrauschildkröte sind die Männchen kleiner als die Weibchen. Auch der Rückenpanzer ist bei den beiden Geschlechtern dieser Art verschieden. Männchen haben einen flachen Panzer, der von oben betrachtet fast kreisrund geformt ist. Bei den Weibchen ist der Panzer auch flach. Von oben betrachtet,erweist er sich im hinteren Bereich allerdings breiter als in der vorderen Hälfte. Bräunlich sind diese Schildkröten gefärbt. Manche Individuen haben eine gelbe Zeichnung am Kopf. Ins Wasser gefallene Früchte bilden den Großteil der Nahrung dieser Tiere. Das Verbreitungsgebiet dieser Art liegt in Südamerika, Arrauschildkröten kommen vor allem im Amazonasbecken vor.

Grüner Leguan (Green Iguana, Iguana iguana)

Grüne Leguane können eine Kopf-Rumpf-Länge von 45 Zentimeter erreichen. Weil der Schwanz sehr lang ist, können die Tiere insgesamt maximal zwei Meter lang werden. Die meisten Exemplare sind jedoch deutlich kleiner. Diese Reptilienart ist tagaktiv und sie bewohnt Bäume. Ihr bevorzugter Lebensraum liegt in Tieflandregenwäldern in der Nähe von Flüssen und Gewässern, die Tiere sind gute Schwimmer. Die beiden Geschlechter lassen sich anhand ihres äußeren Erscheinungsbildes unterscheiden: Bei den Weibchen ist der Körper grünlich-grau gefärbt und sie verhalten sich ihren Artgenossen gegenüber nur wenig aggressiv. Oft bilden sie kleine Gruppen mit ihren Artgenossinnen. Orange bis grau-orange sind die Männchen gefärbt – dies gilt allerdings nicht für viele der in Venezuela beheimateten Grünen Leguane. Die dort lebenden Männchen können auch grau sein. Männchen tragen einen großen Kehllappen und einen auffälligen Zackenkamm, bei dem die einzelnen Zacken bis zu acht Zentimeter hoch emporragen können. Die grauen Streifen am Schwanz werden mit zunehmendem Alter bei beiden Geschlechtern immer dunkler. Anderen männlichen Artgenossen gegenüber verhalten sich Männchen zuweilen sehr aggressiv. Immer wieder sieht man sie mit dem Kopf nicken, wobei der Kehllappen schwankt. Mit dieser Geste signalisieren sie ihre Revieransprüche. Reagiert der Eindringling nicht, schlagen die Männchen mit ihrem Schwanz nach ihm. Auf dem Speisezettel des Grünen Leguans steht pflanzliche Kost. Er gehört zur Familie der Leguane (Iguanidae).

Kleinschuppiger Anolis (Small-scaled Anole, Anolis squamulatus)

Die Reptilienart Anolis squamulatus aus der Familie der Dactyloidae oder Anolidae ist in Venezuela endemisch. Sie kommt in Aragua, Carabobo, Cojedes und Vargas vor. Bergnebelwälder in Höhenlagen oberhalb von 900 Meter sind Lebensräume, in denen man diese Tiere antreffen kann. Bis zu 12,2 Zentimeter kann die Kopf-Rumpf-Länge dieser Reptilien betragen. Bislang sind nur sehr wenige Informationen über die Lebensweise und Farbvarianten von Anolis squamulatus bekannt. Meist scheinen die Tiere überwiegend grün gefärbt zu sein, auf ihrer Körperoberseite befindet sich ein feines schwarzes Muster. Das von mir beobachtete Individuum hatte einen auffälligen hellgrünen Augenring.

Köhlerschildkröte (Red-footed Tortoise, Chelonoidis carbonaria)

Bis zu 50 Zentimeter können Köhlerschildkröten lang werden. Sie gehören zur Familie der Landschildkröten (Testudinidae) und sind im tropischen Südamerika beheimatet. Sie leben sowohl in feuchten Wäldern als auch in Savannengegenden. Schwarz ist die Grundfärbung der sichtbaren Gliedmaßen und des Panzers. Dieser ist stark gewölbt und steht am Rücken weit empor. Köhlerschildkröten tragen einige gelbliche bis rötliche Hornschuppen und die einzelnen Schilde des Rückenpanzers sind im Zentrum jeweils gelblich gefärbt. Mit ihren langen Beinen können sich diese Tiere vergleichsweise hoch aufrichten und so im Gelände Hindernisse überwinden. Auch durch sumpfige Gegenden können sich die Tiere dank ihrer langen Beine gut bewegen. Pflanzliche Kost, aber auch ein wenig Aas bildet die Nahrung dieser Reptilien. Der Wissenschaft ist über das Leben der Köhlerschildkröten in freier Natur nur wenig bekannt. Ein alternativer wissenschaftlicher Name lautet Geochelone carbonaria. Mein Video dieser Schildkrötenart gibt es hier: Chelonoidis carbonaria.

Mabuya nigropunctata

Die Reptilienart Mabuya nigropunctata gehört zur Familie der Skinke (Scincidae). Zwischen 9,1 und 12,1 Zentimeter kann die Kopf-Rumpf-Länge betragen. Damit sind diese Tiere vergleichsweise groß. Mabuya nigropunctata ist sehr schlank gebaut und der Körper ist glänzend. Bronze bis kupferfarben ist die Grundfärbung. Auf beiden Seiten des Körpers verläuft an den Flanken ein schwarzer waagerechter Streifen, der bei vielen Individuen von zwei feinen, cremefarbenen Streifen gerahmt wird. Auf der Oberseite des Körpers tragen sie viele kleine, unregelmäßig angeordnete schwarze Flecken. Das Verbreitungsgebiet von Mabuya nigropunctata erstreckt sich über den nördlichen Teil Südamerikas bis nach Brasilien. In Trinidad & Tobago kommt die Art ebenfalls vor. Mabuya nigropunctata ist tagaktiv. Oft kann man die Tiere dabei beobachten, wie sie sich am Boden sonnige Plätze suchen und dann in der Sonne verweilen. Ein alternativer wissenschaftlicher Name dieser Spezies lautet Copeoglossum nigropunctatum.

Rotwangen-Schmuckschildkröte (Meso-American Slider, Trachemys scripta elegans)

Die bei uns aus der Terrarienhaltung bekannte Rotwangen-Schmuckschildkröte hat ihr natürliches Verbreitungsgebiet in Mittelamerika und in Teilen Südamerikas, sie gehört zur Familie der Neuwelt-Sumpfschildkröten (Emydidae). Bis zu 30 Zentimeter können diese Tiere groß werden. Ihr Rückenpanzer ist dunkelgrün bis graugrün gefärbt, auch die Haut der Tiere weist diese Färbung auf. Den Panzer zieren gelbliche und orange gefärbte Flecken und Streifen, die bei jedem Individuum etwas anders angeordnet sind. Am Bauchpanzer sind diese Reptilien gelb gefärbt. Kinn, Kehle und Hals tragen gelbe Streifen, an den Schläfendecken liegen gelb bis orangerot gefärbte Flecken. Kleine Tiere wie Fische, Schnecken oder Kaulquappen sowie Wasserpflanzen bilden die Nahrung der Rotwangen-Schmuckschildkröten.

Rübenschwanzgecko (Turnip-tailed Gecko, Thecadactylus rapicauda)

Von Mexiko über Zentralamerika bis nach Südamerika – dort bis nach Brasilien – reicht das Verbreitungsgebiet des Rübenschwanzgeckos. Auch auf vielen Inseln der Kleinen Antillen ist diese Spezies heimisch. Die Kopf-Rumpf-Länge dieser Tiere kann bis zu zwölf Zentimeter betragen. Variabel ist die Färbung dieser Geckos. Sie können hell- bis dunkelgrau oder sogar orange gefärbt sein. Manche Individuen sind dabei beobachtet worden, wie sie mit der Zeit ihre Farbe verändert haben. Auf der Oberseite des Körpers tragen viele Exemplare ein Muster aus weißlichen und schwarzen Flecken. Ein typisches Merkmal, an dem man diese Art erkennen kann, ist der oft sehr dicke Schwanz. Die Tiere nutzen ihn zum Einlagern von Fettreserven, woher die Schwellung rührt. Rübenschwanzgeckos sind nachtaktiv. Während ihrer Aktivitätsphase tragen sie manchmal einige zirpende Laute vor. Fühlen sich Rübenschwanzgeckos bedroht, schlängeln sie mit dem Schwanz hin und her. Um sich vor Fressfeinden zu retten, können sie den Schwanz auch abwerfen. Rübenschwanzgeckos gehören zur Familie der Blattfingergeckos (Phyllodactylidae).

Spitzkrokodil (American Crocodile, Crocodylus acutus)

Die meisten Spitzkrokodile sind zwischen 2,3 und 2,8 Meter lang, extrem große Tiere können eine Körperlänge von höchstens sieben Meter erreichen. Jedoch sind die meisten Individuen, denen man in Venezuela begegnet, circa 2,5 Meter lang. Heimisch sind diese zur Familie der Echten Krokodile (Crocodylidae) gehörenden Reptilien an großen Flüssen sowie in Sümpfen. Wenn ein Krokodil sein Maul geschlossen hält, sind seine Zähne trotzdem zu sehen, was ein Erkennungsmerkmal dieser Tierfamilie ist. Die Iris der Spitzkrokodile ist gelb, der Körper der Alttiere ist oliv- bis graubraun gefärbt. Vor den Augen haben Spitzkrokodile eine Erhebung und auf ihrem Rücken verlaufen vertikale Reihen mit kleinen Höckern. Jungtiere sind grau bis gelblichbraun und sie haben dunkle Querbänder. Tierische Kost wie Fische, Schildkröten, Schlangen und Säugetiere bilden die Nahrung der Spitzkrokodile. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von Mexiko und dem Süden Floridas über Mittelamerika und die Karibik bis ins nördliche und nordwestliche Südamerika.

Tüpfelrennechse (Rainbow Whiptail, Cnemidophorus lemniscatus)

Die Tüpfelrennechse gehört zur Familie der Schienenechsen (Teiidae). Das Verbreitungsgebiet dieser Art reicht vom südlichen Nordamerika über Zentralamerika bis ins nördliche Südamerika. Typische Lebensräume, in denen diese Reptilien vorkommen, sind beispielsweise Waldlichtungen, Schwemmebenen oder Mangrovengebiete. Für gewöhnlich halten sich Tüpfel-Rennechsen am Boden auf, dort suchen sie auch ihre Nahrung. Diese besteht aus kleinen Insekten. Mitunter fressen sie auch Früchte. Bis zu 30 Zentimeter können diese farbenprächtigen Tiere lang werden. An ihrem Körper können sich leuchtend blaue, grüne und gelbliche Bereiche befinden, es gibt aber auch eher schlicht gefärbte Exemplare, die überwiegend bräunlich sind. In aller Regel handelt es sich dabei um Weibchen, die Männchen sind bunter gefärbt; dies gilt insbesondere während der Fortpflanzungsperiode. Charakteristisch für die Art sind die Flecken, die die Tiere an den Flanken tragen. Weil sie über kurze Strecken sehr schnell laufen können und sich dabei mitunter nur auf den Hinterbeinen fortbewegen, tragen sie ihren Namensbestandteil „Rennechsen“.

Unbestimmte Reptilien

Im Folgenden finden Sie Fotos der von mir in Venezuela fotografierten und noch nicht bestimmten Reptilienarten. Falls Sie beim Bestimmen der Tiere helfen können, würde ich mich sehr über eine Nachricht per E-Mail freuen.


Linktipps

Reptiles of Venezuela (Wikipedia.org)

Reptiles of Venezuela: an updated and commented checklist