Im Norden Costa Ricas schlängelt sich der Río Frío durch die Landschaft. Er verbindet den Nicaraguasee im nördlichen Nachbarland mit dem etwa 9.970 Hektar großen Naturschutzgebiet Caño Negro. Der spanische Name des Schutzgebietes lautet Refugio Nacional de Vida Silvestre Caño Negro. Es ist das bedeutendste Feuchtgebiet Costa Ricas und bei Naturbegeisterten weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Das landschaftlich beeindruckende Schutzgebiet beherbergt eine Vielzahl zum Teil seltener Tier- und Pflanzenarten, die auf einen wasserreichen Lebensraum angewiesen sind.
All diese Organismen müssen mit den jahreszeitlichen Veränderungen ihrer Umwelt zurechtkommen: In der Trockenzeit ist der Wasserstand sowohl im Fluss als auch im Caño-Negro-See relativ niedrig. Doch mit Beginn der Regenzeit wächst das Gewässer inmitten des Schutzgebietes je nach Niederschlagsmenge auf eine Größe von 500 Hektar und mehr an. Der See ist dann bis zu drei Meter tief. Die sumpfigen Uferzonen bieten zum einen Lebensraum für Tiere, die dauerhaft im Gebiet vorkommen, wie die zahlreichen Krokodilkaimane. Zum anderen ziehen sie im Frühjahr und Herbst Zugvögel an, die hier rasten und fressen. Dank des reichhaltigen Nahrungsangebots können sie sich vor dem Weiterflug wieder etwas Fett anfressen.
Aufgrund der enormen Artenvielfalt und der landschaftlichen Schönheit gehören der Río Frío und der Caño-Negro-See zu Costa Ricas beliebtesten Ausflugszielen nicht nur für naturinteressierte Reisende. Ausgangspunkt jeder Bootstour in das Schutzgebiet oder zur nicaraguanischen Grenze ist der kleine Ort Los Chiles. Als ich 2004 zum ersten Mal dort war, lebten dort noch deutlich weniger Menschen als heute; inzwischen sind es wohl mehr als 15.000. Viele Reisende, die das Gebiet erkunden wollen, kommen mehr oder weniger früh am Morgen an, besteigen eines der Boote und treten am Nachmittag die Rückreise zum meist etwas weiter entfernten Hotel an. Aber auch in Los Chiles und Umgebung gibt es Übernachtungsmöglichkeiten und einige Restaurants.
Ich habe dort nie übernachtet, sondern nur Tagesausflüge unternommen. Im Februar 2004 machte ich eine Bootsfahrt auf dem See, der nach der Regenzeit einen hohen Wasserstand hatte. Ende April 2012 war das anders und die Bootstour ging in die entgegengesetzte Richtung. Unweit der Grenze zu Nicaragua besuchte ich eine Lagune, die eine Vielzahl interessanter Tiere beherbergte. Beide Ausflüge habe ich als lohnenswert empfunden. Ein Blick auf aktuelle Satellitenbilder der Region zeigt jedoch, dass es die Lagune in Grenznähe wohl nicht mehr zu geben scheint – oder zumindest nur zu bestimmten Zeiten, solange der Wasserstand hoch genug ist.
Was mich an diesem Gebiet besonders begeistert hat, ist die große Artenvielfalt. Vom Boot aus kann man viele Vögel beobachten, im und am Wasser einige Reptilienarten und in den Bäumen am Flussufer halten sich manchmal Affen auf. Ebenso beeindruckend ist die Pflanzenwelt, die von riesigen Bäumen bis hin zu kleinen, nur auf den ersten Blick unscheinbaren Gewächsen reicht. Diese lassen sich vor allem dann entdecken, wenn man unterwegs anhält und die Umgebung des Río Frío zu Fuß erkundet. Dann fallen auch die zahlreichen Insektenarten und anderen Wirbellosen auf, die entlang des Gewässers leben. Neben farbenprächtigen Libellen sind dies zum Beispiel zahlreiche Schmetterlingsarten.
Tipps für das Exkursionsgebiet
Sonnenschutz, eine Kopfbedeckung und ausreichend Getränke sollten immer dabei sein, wenn man einen Ausflug in dieses Schutzgebiet unternimmt. Die Geschwindigkeit der Boote ist nicht zu unterschätzen. Beim Fotografieren kommt es leicht zu Bewegungsunschärfen. Daher empfiehlt es sich, ein lichtstarkes Teleobjektiv mitzunehmen, das kurzen Belichtungszeiten ermöglicht. Und ein Fernglas dabei zu haben, kann ebenfalls nicht schaden.