Kennzeichnend für den Arenal-Nationalpark – auf Englisch Arenal Volcano National Park – ist seine überaus beeindruckende Landschaft. Er ist 12.124 Hektar groß und im Jahr 1991 eingerichtet worden, um einerseits die fantastische Natur rund um den Feuerberg zu bewahren und andererseits die Menschen vor dem Vulkan zu schützen. Weil in Costa Rica der Naturschutz einen sehr hohen Stellenwert hat, wurde das Schutzgebiet mit weiteren zusammengeschlossen. Deshalb ist es heute Teil der großen Arenal Tempisque Conservation Area, die sich über weite Teile des Nordwestens Costa Ricas erstreckt.

Geöffnet ist der Arenal-Nationalpark täglich von 8 Uhr bis 16 Uhr. Lediglich dann, wenn der Vulkan gerade aktiv ist oder davon auszugehen ist, dass Eruptionen bevorstehen, ist gegebenenfalls kein Zutritt möglich. Der Eintrittspreis beläuft sich für ausländische Besuchende derzeit auf 15 US-Dollar plus Steuern (Stand: November 2022). Der Park gilt als ein relativ sicheres Areal und es gibt mehrere Wanderwege, von denen aus man die Natur erleben kann. Es ist aus Sicherheitsgründen nicht gestattet, diese Wege zu verlassen. Diese berühmten Pfade heißen Sendero El Ceibo, Sendero Las Coladas, Sendero Los Miradores und Sendero Las Heliconias, der längste von ihnen misst nur etwa zwei Kilometer.

Verkannter Feuerberg

Noch vor nicht allzu langer Zeit hat niemand gewusst, was der heute 1.643 Meter hohe Arenal ist. Im Jahre 1937 hat man ihn bei der Erstbesteigung für einen ganz gewöhnlichen Berg und nicht etwa für einen seinerzeit vorübergehend „schlafenden“ Vulkan gehalten. Das blieb in den darauffolgenden Jahrzehnten so, bis er schließlich unvermittelt wieder erwachte. Erstmals seit 450 Jahren kam es am 29. Juli 1968 überraschend zu einer heftigen Eruption. Der bis zu diesem Tag vollständig mit Pflanzen bewachsene Arenal wurde durch eine gewaltige Explosion erschüttert. Verursacht worden ist sie durch große Lavamengen, die sich ihren Weg zur Oberfläche gebahnt hatten. Mehrere Quadratkilometer Fläche wurden während dieses Ausbruchs innerhalb kurzer Zeit mit flüssigem, heißem Gestein überflutet. Alles, was der Lava im Weg stand, wurde vernichtet – darunter auch die beiden Ortschaften Tabacón und Pueblo Nuevo. Bei diesem plötzlichen Ausbruch des Arenal kamen damals 80 Menschen ums Leben. Wegen der herabrieselnden Asche waren zahlreiche weitere Menschen in der Umgebung ebenfalls von der Naturkatastrophe direkt betroffen.

Seit jenem Tag hat der Arenal lange Zeit weiter rumort. Er zählt zu den aktivsten Vulkanen der Welt, wenn auch nicht zu den gefährlichsten. Während dieser aktiven Phase haben sich mehrmals täglich kleinere Eruptionen ereignet, bei denen der Vulkan nicht nur Asche und Lava, sondern auch Gesteinsbrocken ausgeworfen hat. Diese „Geschosse“ waren im Durchmesser bis zu sieben Meter groß. Besonders viele dieser Gesteinsbrocken sind an der mit Asche und Staub bedeckten Westflanke herabgerollt, wobei sie das lose Material aufgewirbelt haben. Sogar von Weitem konnte man dieses Phänomen tagsüber sehen, weil entlang des Weges der Gesteinsbrocken Staubwolken aufgestiegen sind. Die Lavaströme hat man hingegen wegen des Tageslichts nicht sehen können. Bei Nacht erleuchtete ihr rotes Glühen den Gipfel des Feuerbergs. Heute gibt es am Arenal ein Observatorium, in dem Forschende die Aktivitäten des Vulkans permanent im Blick behalten. Er gehört zu den am besten überwachten Feuerbergen der Welt, was aber nicht bedeutet, dass man ihn unterschätzen sollte.

Vor den Gefahren des als Schichtvulkan bezeichneten Giganten warnen heute im Nationalpark etliche Hinweisschilder. Sie markieren die Zonen, die während der Aktivitätsphasen als risikoreich gelten, weil dort im Fall einer stärkeren Eruption große Gesteinsbrocken oder gar Lava niedergehen könnten. Stacheldraht säumt diese Areale, die aus Sicherheitsgründen unbedingt zu meiden sind. Doch innerhalb des Schutzgebiets, das Höhenlagen von 400 Meter bis 1.633 Meter über dem Meeresspiegel umfasst, gibt es auch als relativ ungefährlich eingestufte Teilbereiche. Dort erstrecken sich die zuvor erwähnten ausgeschilderten Wanderwege.

Der Nationalpark ist für zahllose Tier- und Pflanzenarten ein Rückzugsgebiet, das den Ansprüchen vieler unterschiedlicher Spezies gerecht wird. Sehr vielseitig ist die Landschaft: Wasserläufe, das Ufer des Arenal-Stausees, Sekundärwälder und natürlich Geröllfelder mit Gestein vulkanischen Ursprungs, das eine ganz eigene Faszination ausstrahlt. All dies lädt Naturbegeisterte zum ausgiebigen Erkunden und Entdecken ein.

Sendero Las Coladas

Das Gebäude der Nationalparkverwaltung liegt an dem relativ geraden Hauptweg, der von West nach Ost durch das Schutzgebiet verläuft. Circa 500 Meter von dem Bauwerk entfernt zweigt ein Wanderweg in südlicher Richtung ab: der Sendero Las Coladas. Nur circa zwei Kilometer ist dieser Pfad lang. Doch weil es sehr viel zu sehen gibt, sollte für einen Spaziergang deutlich mehr Zeit eingeplant werden, als normalerweise nötig ist, um eine vergleichbare Strecke zu bewältigen. Angesichts der enormen Artenvielfalt, die einen im Nationalpark erwartet, könnte ich mich dort einen ganzen Tag aufhalten, ohne mich zu langweilen. Größtenteils ist der Weg flach, der Boden ist sandig. Gelangt man zu der erkalteten Lava, die 1992 dort niedergegangen ist, wird der Weg sehr viel steiler, das Geröll ist teilweise lose. Festes Schuhwerk zu tragen, ist deshalb empfehlenswert.

Für Pflanzenbegeisterte ist dieser Wanderweg besonders interessant, denn in der Arenal-Schutzzone kommen fast 3.000 Pflanzenarten vor. Eine ganze Reihe dieser Spezies ist entlang des Sendero Las Coladas zu sehen. Dort gedeihen unter anderem Farne, Moose, verschieden Bäume und kleine Blühpflanzen, unter ihnen mehrere Helikonienarten. Beeindruckend sind außerdem die hohen Gräser, die dicht an dicht in dieser Gegend wachsen. Es handelt sich dabei um die Art Gynerium sagittatum, die keinen deutschen Namen hat. Diese zu den Süßgräsern gehörenden Gewächse sind in dem Bereich unmittelbar südlich des Hauptweges zu finden und sie gehen weiter südlich in Wald über, der zusehends dichter wird, je weiter man sich dem Geröllfeld nähert.

In den baumreichen Teilen des Nationalparks finden viele Tiere perfekte Versteckmöglichkeiten. Genaues Hinsehen ist also gefragt, wenn man die tierischen Bewohner des Schutzgebiets beobachten möchte. Relativ leicht zu entdecken sind etliche der dort lebenden Vögel, weil sie meist rufen oder singen, während sie sich im Geäst aufhalten. In der Gegend sind zum Beispiel Braunhäher (Cyanocorax morio) zu Hause. Zu den Säugetieren, die man leicht aufspüren kann, gehören die quirligen Bunthörnchen (Sciurus variegatoides). Sie haben Menschen gegenüber kaum Scheu. Während diese Tiere genüsslich frische Pflanzentriebe fressen, bieten sich oft ideale Möglichkeiten zum Fotografieren. Kleine Tiere wie die zahllosen, oft sehr gut getarnten Insekten sind ebenfalls interessante Fotomotive.

Ein besonders schönes Teilstück des Wanderwegs Las Coladas führt durch sehr dichte tropische Vegetation. Dort zweigt eine Wegschleife ab, die zum Sendero El Ceibo gehört, siehe weiter unten. Teils stehen die Bäume so nahe beieinander, dass nur wenige Sonnenstrahlen den Boden berühren. Auf dem Totholz, das auf dem Waldboden liegt, gedeihen Pilze und es schwirren in diesem schattigen Lebensraum unzählige winzige Insekten umher. Auf dem Boden gedeihen im Schatten nur wenige niedrige Pflanzen. Stattdessen findet sich dort eine dichte Schicht aus Falllaub, die kleine Tiere beherbergt. Manche Bäume haben eigentümliche Wurzeln, zwischen denen häufig Farne wachsen.

In diesem Waldstück ragt aus der flachen Landschaft unvermittelt eine Anhöhe empor und eine Treppe ist von unten sichtbar. Wer den Stufen folgt, gelangt zu dem Geröllfeld, das von einem Ausbruch des Arenal im Jahr 1992 herrührt. Ein Pfad führt über die Gesteinsbrocken zu einem Aussichtspunkt namens Mirador Colada, von dem aus man den Vulkan auf der einen Seite und den Arenal-See auf der anderen sehen kann. Spätestens auf diesem Abschnitt des Wanderwegs zahlt es sich aus, festes Schuhwerk zu tragen. Etliche Pionierpflanzen, darunter viele Farne und hübsche Orchideen, gedeihen auf dem porösen vulkanischen Gestein. Wer genau hinschaut, findet auf den Steinen viele Reptilien und in den kleinen Einschnitten, die das Geröllfeld durchziehen, flattern mitunter die wunderschönen Mittelamerikanischen Blauen Morphofalter (Morpho peleides) umher. Wer von dem Geröllfeld, das inzwischen jedoch bereits merklich mit Vegetation bedeckt ist, aus weitergehen möchte, hat zwei Möglichkeiten: Entweder geht man denselben Weg zurück, über den man dorthin gelangt ist. Oder aber man wählt die Abzweigung zum Sendero El Ceibo.

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Sendero El Ceibo

Der Wanderweg Sendero El Ceibo folgt zu weiten Teilen derselben Strecke wie der Sendero Las Coladas, siehe oben. Am Fuße des aus der Eruption im Jahr 1992 hervorgegangenen Geröllfeldes zweigt eine etwa 800 Meter lange Wegschleife ab. Sie weicht vom Verlauf des anderen Wanderwegs ab, trifft diesen jedoch weiter nördlich wieder. Ein Teil des anderen Wanderweges wird auf die Länge des Sendero El Ceibo angerechnet, er misst insgesamt circa 1,8 Kilometer.

Seine Hauptattraktion ist ein sehr stattlicher Kapokbaum (Ceiba pentandra). Diese Bäume werden von den Costa-Ricanern auf Spanisch Ceibo genannt – daher rührt der Name des Wanderwegs. Rund um den Kapokbaum mit seinen mehr als mannshohen Brettwurzeln befindet sich dichter Sekundärwald, der eine enorme Pflanzenvielfalt beherbergt und damit zahlreichen Tieren ebenfalls eine Heimat bietet.

In dem üppigen Grün muss man jedoch sehr genau hinschauen, um die Tiere überhaupt finden zu können. Vor allem in den frühen Morgenstunden sind die Gesänge von Vögeln zu hören, tagsüber verhalten sie sich aufgrund der Hitze dagegen eher ruhig; erst am späten Nachmittag oder frühen Abend werden sie wieder aktiver. Und es lohnt sich, auf Winzlinge zu achten, denn es gibt dort etliche sehr spannende Insektenarten.

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Wanderung südlich des Sendero Las Coladas

Während meiner Costa-Rica-Reise im Februar 2004 hat unser Reiseleiter uns damals über einen seinerzeit noch begehbaren Weg geführt, dessen Länge schätzungsweise zwei bis drei Kilometer betragen hat. Er hatte seinen Startpunkt im Süden des Nationalparks. Jener Weg hat mir sehr gut gefallen. Zunächst musste man einen Wasserlauf überqueren, was dank der vielen im Wasser liegenden Steine trockenen Fußes möglich gewesen ist. Den Wasserlauf, den es noch heute gibt, säumen hohe Urwaldbäume, die noch vergleichsweise jung sind. Durch die Eruption von 1968 ist der einst an jener Stelle beheimatete Wald vollständig zerstört worden, der heute inzwischen vorhandene Sekundärwald hat sich in den vergangenen Jahrzehnten prächtig entwickelt.

Im Jahr habe ich die Vegetation als sehr dicht und artenreich erlebt. Neben vielen verschiedenen Baum- und Straucharten fanden sich in diesem Bereich des Arenal-Nationalparks beispielsweise etliche Farne. In dem Dickicht fühlten sich Tiere wie beispielsweise Weißrüssel-Nasenbären (Nasua narica), Wild und etliche Vogelarten wohl. Unter den gefiederten Bewohnern des Nationalparks sind einige laute Vertreter wie der Rostbauchguan (Penelope purpurascens) und die zu den Papageien gehörenden Gelbwangenamazonen (Amazona autumnalis). Mit ein wenig Glück kann man sie am Sendero Las Coladas und südlich davon beobachten.

Nachdem wir das dichte Grün des Sekundärwaldes damals durchwandert hatten, sind wir zu dem beeindruckendes Geröllfeld gelangt, das im Abschnitt über den Sendero Las Coladas bereits beschrieben worden ist. 2004 gab es dort kaum Pflanzen, auf aktuellen Satellitenbildern ist der Bereich schon weitestgehend grün. In einigen Jahrzehnten werden die großen Regenwaldbäume wieder das Regiment übernommen haben, sofern keine weitere Eruption den Pflanzenbewuchs erneut vernichten wird.

Wir haben uns damals am Nachmittag dort aufgehalten und uns bot sich die Gelegenheit, einen Sonnenuntergang hinter dem Arenal-See betrachten zu können. Die Strahlen der Abendsonne haben das dunkle vulkanische Gestein in ein sanftes, rötliches Licht getaucht und die langen Schatten haben die Landschaft auf ihre besondere Weise modelliert. Obendrein zogen ein paar Wolken am Himmel entlang, die den perfekten Rahmen für das farbenprächtige Naturschauspiel geboten haben.