Im Essener Norden befindet sich mit dem Weltkulturerbe Zollverein ein herausragendes Industriedenkmal. Am 31. August 2002 erhielt die Zeche und Kokerei diesen besonderen Status von der UNESCO, die den Industriekomplex als einzigartig einstufte. Seitdem steht Zollverein in einer Reihe mit bedeutenden Kultur- und Naturstätten wie dem Great Barrier Reef, dem Taj Mahal oder den Tempelanlagen von Angkor. Obwohl Zollverein einen ganz anderen Charakter hat als diese Orte, sind Zeche und Kokerei mit ihren Museen, Kunstwerkstätten, dem Designzentrum, der Gastronomie und den großzügigen Grünflächen einen Besuch wert. Allein das rotbraune Fördergerüst von Schacht XII ist ein beeindruckender Anblick.
Auf der Zeche Zollverein wurde bis 1986 Steinkohle gefördert. Franz Haniel gründete sie 1847 unter dem ursprünglichen Namen „bergrechtliche Gewerkschaft Zeche Zollverein“. In den folgenden Jahren wurde in mehreren Schächten, beginnend mit Schacht 1 in etwa 130 Metern Tiefe, Steinkohle gefördert. Das rotbraune Doppelbock-Fördergerüst, das Wahrzeichen der Zeche, das in der Bildersammlung weiter unten mehrfach zu sehen ist, gehört zu Schacht XII. Dieses Fördergerüst wurde 1930 zusammen mit der dazugehörigen Schachtanlage mit großem Aufwand errichtet. Der Komplex galt damals als technische Meisterleistung der Architekten Martin Kremer und Fritz Schupp. 1932 wurde die Kohleförderung auf Schacht XII mit einer Tagesleistung von 12.000 Tonnen aufgenommen. Damit war Schacht XII eine Förderanlage der Superlative.
Der Industriekomplex Zollverein umfasst nicht nur die Zeche. Auch die Kokerei Zollverein ist ein wichtiger Bestandteil der ehemaligen Kohleförderungs- und -verarbeitungsanlage. Die zwischen 1957 und 1961 errichtete Kokerei war an den Schacht XII der Zeche angeschlossen. Es wurden täglich 10.000 Tonnen Kohle zu Koks veredelt. Damals galt die Kokerei Zollverein als die modernste Anlage ihrer Art. Im Zuge der Stahlkrise, die das Ruhrgebiet nicht verschonte, ging die Nachfrage nach Koks so drastisch zurück, dass die Kokerei Zollverein am 30. Juni 1993 ihren Betrieb einstellen musste.
Heute ist das Gelände der Kokerei Zollverein weitgehend zugänglich. Im Winter lockt eine besondere Attraktion zahlreiche Menschen an: Das Löschwasserbecken am Fuße der Koksöfen verwandelt sich für einige Wochen in die längste Eislaufbahn der Welt. Im Sommer dagegen dient es als Lebensraum für Schwimmkäfer, Libellen und andere Wassertiere. Diese Entwicklung hätten die Kokereiarbeiter früher wohl kaum für möglich gehalten. Wer die Koksofenbatterie der Länge nach durchwandert, legt übrigens eine Strecke von 800 Metern zurück! Doch nicht nur dieses Bauwerk ist beeindruckend. Imposant sind zudem die sechs schlanken Schornsteine der Kokerei, die zwischen 60 und 98 Meter hoch sind.
Naturinteressierte Menschen haben auf der Industriebrache Zollverein viel zu entdecken, denn sie bietet der Natur jede Menge Raum und ist einer der Hotspots der Artenvielfalt im Ruhrgebiet. Vom Haldenbereich mit Rohböden und temporären Gewässern über einen Industriewald und Magerrasen bis hin zu steinigen und trockenen Gleisbetten gibt es unterschiedliche Lebensräume. Entsprechend groß ist die Bandbreite der auf dem Gelände vorkommenden Tiere, Pflanzen und Pilze. Wie sich die Industrienatur auf dem Gelände entwickelt und welche Arten dort leben, wird seit vielen Jahren intensiv erforscht. Unter anderem fand dort 2017 eine große Arteninventur statt, an der ich selbst beteiligt war.
Die folgenden Fotos zeigen nicht nur die beeindruckenden Bauwerke, sondern auch die Kraft der Natur, die sich Teile des Areals zurückerobert hat.
Impressionen vom Zollverein-Gelände
Verschiedene Lebensräume auf dem Zollverein-Gelände
Industrienatur rund um das UNESCO-Welterbe Zollverein
Linktipps
Zollverein – offizielle Website
Zeche Zollverein bei Wikipedia.de
UNESCO-Welterbe Zollverein bei Route Industriekultur
Zeche Zollverein bei Industriedenkmale.de
Kokerei Zollverein bei Industriedenkmale.de
Zollverein-Fotos bei Flickr
Naturbeobachtungen und Fotos aus dem Gebiet auf dem Meldeportal von NABU|naturgucker